Letztens hatte ich Frau und Herrn C. bei mir in Therapie. Frau C. hat vor geraumer Zeit jemanden anderes kennengelernt und wird in den nächsten Wochen mit ihrem neuen Partner zusammenziehen. Ein Scheidungstermin wurde auch bereits vereinbart. Alles scheint schon vernünftig und klar zwischen den beiden geklärt. Wir sprechen also über ihre Situation, die bevorstehende Scheidung und wie sie damit umgehen möchten. Frau C. wünscht sich aus ganzem Herzen, dass sich die beiden Noch-Eheleute in Zukunft weiter wohlwollend begegnen. Sie möchte vielleicht mal einen gemeinsam Kaffee trinken oder gemeinsam essen, meint sie. 

 

Herr C. blickt zu Boden, er verstummt. Ich frage, wie es ihm mit diesem Vorschlag seiner Frau gehe, er schluckt und meint nach mehreren Anläufen, dass er zur Zeit einfach noch zu verletzt sei, er das nicht kann, obwohl er ja irgendwie doch wolle. Ich versuche sein Befinden zusammenzufassen und sage zu Frau C.: „Es scheint, als ob Ihr Mann sich hin- und hergerissen fühlt. Er sagt, er würde Sie schon gerne sehen, aber ein weiterer Kontakt wäre auch zu schmerzhaft für ihn, jetzt wo er Sie verloren hat, Sie ihn verlassen haben und er die Scheidung eigentlich auch nicht will.“

 

Frau C. sieht mich an, sie sieht ihren Mann an und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Es wird ganz still. Der ganze Raum füllt sich mit Schmerz, Trauer, Enttäuschung, Abschied. Und fast so, als ob die Tränen der Frau flüstern könnten: Es tut mir so weh, weil ich dir weh tue. 😢💔💘😣

 

…

 

Manchmal fühlen wir den Schmerz, den wir anderen zufügen. Es tut so weh, aber wir können nicht anders. Wir müssen den Schmerz des anderen ansehen, aushalten, - selbst wenn wir es selbst sind, die diesen verursachen, um unserer Wahrheit zu folgen. 

 

Und trotz all des Schmerzes im Anderen und in uns selbst hat es auch etwas Wunderschönes: Es spricht für uns, wenn wir das können! Es zeigt Empathie, Mentalisierungsfähigkeit, Sensibilität, Einfühlungsvermögen- tiefes Mitgefühl. 😌💖

 

(Die Namen und Details dieser Geschichte sind frei erfunden und stehen in keinem Zusammenhang mit realen Personen)